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Corona Daily - Kontaktbeschränkung - Tag 4

Ich wusste ja, dass an alten Formen des Herrschertums nichts Würdiges klebt: Corona ist lat. für Krone. Dies nur nebenbei. Und schon sind wir mittendrin im Unwürdigen: Nicht einschlägig vorgebildete Unken sagen, dass einschlägig vorgebildete Unken (wie z.B. der ehemalige Arzt Wodarg) den Hype um den Corona-Virus übertrieben finden. Das mag sein, kann ich nicht einschätzen. Ni ich vom Fach? Nein. Aber die meisten, die sich fernab des Mainstreams äußern, sind es auch nicht.

Mir geht es hier allerdings um eine reine Wortklauberei, was den Gebrauch des Wortes Mainstream betrifft. In der Definition des gängigen Mainstream-Kritikers ist der Mainstream stets böse, und die, die sich dagegen stellen, sind es nicht. Obwohl diese aber sehr wohl die Absicht zu haben scheinen, zum Mainstream zu werden. Ich finde das paradox.

Mainstream ist m. E. ein anderes Wort dafür, dass sich die meisten Menschen - in diesem Falle Forscher - auf eine Sache insgesamt, nicht aber im Detail, geeinigt haben. Die meisten Leute gehen Arbeiten: Mainstream. Die meisten Leute essen immer noch Fleisch und/oder fahren Auto: Mainstream. Die Menschen töten sich in der Regel nicht gegenseitig: Mainstream. Die meisten Menschen lieben Sex: Mainstream. Ohne Mainstream wäre eine Gesellschaft überhaupt nicht lebensfähig und daher auch nicht erstrebenswert.

Wenn jedoch Kritik am sogenannten "Mainstream" geübt wird, dann in der Regel, weil die daraus resultierenden Folgen individuell zu unbequem und deshalb inakzeptabel erscheinen. Die eigene Zugehörigkeit zu einem Mainstream (Autofahren, übermäßiger Fleischverzehr, Flugreisen, etc.) wird hingegen gar nicht erst reflektiert. Finde nur ich das ignorant?

Lustig wird es immer dann, wenn eine Bewegung Mainstream genannt wird, sie es aber gar nicht ist: Es gibt keinen linken Mainstream, genauso wie es keinen Öko-Mainstream gibt. Die Mehrheit der Menschen verortet sich eher rechts von der Mitte, und wenn die Mehrheit Öko wäre, würde die Welt etwas anders aussehen. Eine demokratische Regierung ist übrigens immer Mainstream, weil die von der Mehrheit der Bevölkerung gewählt wird. Wer keine Mainstream-Regierung haben will, will vielleicht eine Diktatur: minimal mainstream-verdächtig, maximaler Spaß bei Regime-Kritik.

Ab davon: Dieses Mainstream-Blaming ist derzeit so ziemlich bei allen Debatten zu erkennen, z.B. beim Klimawandel und jetzt bei Covid-19. Bedenken Sie bitte: Nicht die bequemste Antwort ist automatisch richtig, ebenso wie die maximal unbequeme Antwort nicht richtig sein muss. Das hat aber mit Mainstream NICHTS zu tun, sondern mit dem Stand der Wissenschaft. Wissenschaft sehnt sich nach konsensuellen Erklärmustern, strebt also den Mainstream an. 

Nennt also die, die nicht Euer Meinung sind, innicht Mainstream, sondern eher: Verkünder einer unbequemen Wahrheit. Das wäre wenigstens ehrlich.

Wollte eigentlich etwas anderes tun. Jetzt ist nur noch Zeit für ein paar Listen!

Dinge, die ich immer noch nicht erledigt habe, obwohl jetzt viel Zeit dafür wäre:
  • neue Musik machen
  • Bilder malen
  • Türrahmen streichen
  • Bad putzen
  • den Mantel, den ich vor 4 Jahren angefangen habe zu nähen, fertig zu machen,
  • Ex-Frau vergessen
  • Arschloch wg. Steuerbetrug anzeigen, einfach weil ich's kann und er's verdient hätte,
  • Mail an BVG, wie zielführend 10 Minuten-Intervalle Bus und Bahn in Zeiten gesteigerter Infektionsgefahr sein kann
  • Sterben.
Dinge, die ich bereits erledigt habe:
  • Wohnung ummelden
  • Arbeiten gehen
  • Pesto selber machen
  • neuen Blog anfangen
  • in Selbstmitleid suhlen

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Tarnmodus mal aus: Natürlich kann ich hier auch einfach schreiben, was in der Welt so passiert oder schief läuft. Aber eigentlich habe ich den Blues. Alleine sein ist scheiße. Sicher, habe Telefonkontakte und darf aufgrund Arbeitstätigkeit mit Kolleg*innen kommunizieren - in sicherem Abstand. Aber es fehlt der körperlich aktive Ansprechpartner, es fehlt die Berührung, es fehlt an allem. An trüben Tagen wie heute schlägt es wieder zu, dieses Gefühl, diese Frage, ob es lohnt, das Leben. Man möchte natürlich glauben, dass dieser Zustand vorbei geht. Irgendwann. Aber wer weiß? Werden die Maßnahmen fristgerecht gelockert, endet die Kontaktbeschränkung wirklich am nächsten Wochenende? Was ist nach dem 20. April? Kann ich dann wieder in Cafés gehen, in Kneipen, mich mit Freunden treffen? Menschen kennenlernen? Derzeit sieht es eher nicht so aus. Außerdem vermisse ich C. So, jetzt ist es raus. Bin frustriert, deshalb heute keine Liste.